Geschichte der Pfarre Furth
Allgemeines
Die Pfarre Furth bei Göttweig liegt am Fuße des Benediktinerstiftes Göttweig,
des "Österreichischen Montecassino". Sie ist eine von 28 inkorporierten Pfarren
des Klosters.
Sie wird seit 1.9.2023 von P. Maurus Kocher OSB, geleitet und gehört zum Dekanat Göttweig.
Zur Pfarre gehören 2527 Einwohner, davon sind ungefähr 1620 Katholiken
(Stand Jänner 2021).
Das Pfarrgebiet umfasst nur einen Teil des Gemeindegebietes von Furth und
zwar die Katastralen Furth, Palt und Aigen. Der Ortsteil Oberfucha gehört zur
Stiftspfarre Brunnkirchen, die Ortsteile Steinaweg und Kleinwien zur
Stiftspfarre Paudorf-Göttweig.
Die Entstehung der Pfarre Furth
Furth gehörte bis 1784 zum Pfarrgebiet der Nachbarpfarre
Mautern (eine Ur-Pfarre von Göttweig) und wurde von
Patres aus dem Stift betreut.
Wahrscheinlich bereits ab dem Jahr 1457 (möglicherweise noch früher) gab es
in Furth eine Bruderschaft, die den hl. Sebastian sehr verehrte. Angrenzend an
den alten Zehenthof des Stiftes Göttweig wurde eine Kapelle, die dem Hl.
Wolfgang geweiht wurde, erbaut. Die Laienbewegung nannte sich in ihren
Statuten, die 1494 erstmals errichtet wurden, "Sebastianibruderschaft".
Mitglieder waren Geistliche (vor allem aus dem nahen Stift Göttweig), Adelige,
Kaufleute, Bürger und Bauern. Auch Frauen waren in dieser frommen
Laienbruderschaft gerne gesehen. Das Stift Göttweig war immer in dominanter
Position in der Bruderschaft vertreten. Solche Bruderschaften waren
Gebetsgemeinschaften, deren Mitglieder füreinander über den Tod hinaus
beteten. Das sicherte dem Einzelnen sozusagen Gnaden bei Gott, etwas was
für die damalige Zeit ungeheuer wichtig war: es war quasi wie eine Garantie
für den Himmel, für die Erlösung.
Durch verschiedene Grundschenkungen und Geldgeschenke wuchs das
Vermögen der Bruderschaft beträchtlich an. In der Reformationszeit verlor die
Bruderschaft an Bedeutung. Der Grundbesitz blieb allerdings erhalten. Als im
Stift Göttweig sich alles aufzulösen begann und die Besitzungen des Stiftes
Göttweig mehr und mehr verpfändet wurden, fürchtete man auch, dass die
Besitzungen der Bruderschaft verloren gehen könnten, weil sie mit dem Stift
sehr verflochten war. 1547 wurde deshalb der Besitz der Bruderschaft dem
Gemeindebesitz einverleibt und die Bruderschaft aufgelöst.
1564 kam es zur so genannten "zweiten Gründung" des Stiftes Göttweig unter
Abt Michael Herrlich. Nun konnte es mit Göttweig wieder wirtschaftlich bergauf
gehen. Allerdings war durch die Reformation ein großer Teil der Ortsbewohner
bzw. der Pfarrangehörigen der Pfarre Mautern zu den Protestanten
gewechselt. Man befürchtete die totale Abwendung der Bevölkerung vom
katholischen Glauben. Aus diesem Grunde wurde im Jahr 1585 die
Sebastianibruderschaft neu gegründet und der Besitz wieder rückgeführt.
Mitglieder waren diesmal wieder Angehörige aller Bevölkerungsschichten:
Personen, die dem Stift nahe standen (Prior, Patres, Angestellte des Stiftes,
Angehörige der regierenden Äbte), aber auch BürgerInnen aus Furth und
Umgebung, sowie "Ausländer" (Bewohner von Böhmen, Ungarn, Bayern, der
Schweiz).
Im Jahr 1614 wurde beschlossen, die Kapelle, die im 1. Stock lag, um ein
Kirchenschiff im Parterre nach Westen hin zu erweitern. Als Architekt stand
der italienische Hofbaumeister Franciscus de Sylva zur Verfügung. Über dem
Nordportal des Kirchenschiffes ist die Jahreszahl 1614 eingraviert. Der Bau
wurde durch Spenden, Mitgliedsbeiträge und Grundstücksverkäufe finanziert.
1618 wurden die Kirche und der um sie angelegte Friedhof gesegnet.
Durch das Wirken der Bruderschaft wurden viele Menschen wieder katholisch.
Es gab aber auch einige, die aus religiösen Gründen abwanderten; ihren
Grundbesitz mussten sie allerdings vorher weit unter dem Wert verkaufen. In
den Wirrnissen der Gegenreformation gelang es auch vielen Bürgern unterer
Schichten durch Heirat in den Adelsstand zu kommen und so in der
Gesellschaft aufzusteigen.
Vermutlich durch die Mithilfe des Stiftes Göttweig wurde bei Papst Gregor XV.
im Jahr 1623 eine päpstliche Ablassbulle erwirkt, die den Mitgliedern der
Bruderschaft unter bestimmten Voraussetzungen den Erlass der zeitlichen
Sündenstrafen gewährte. Der Ablasshandel setzte allerdings schon vor der
päpstlichen Ablassbulle ein. Man konnte durch eine bestimmte Geldzahlung
den Ablass für eine bestimmte Zeit (1 Jahr) erwerben. Diese Praktik sollte den
Kirchenbau von 1614 bis 1618 unterstützen und auch die in den folgenden
Jahren erfolgte weitere Ausstattung der Kirche finanzieren helfen. Durch die
Ablassbulle wurde das noch verstärkt.
Nach dem Bekanntwerden der Ablassbulle strömten viele neue Mitglieder in
die Bruderschaft, vor allem die Zahl der Frauen wurde immer größer. 1627
wurden viele protestantische Stände entmachtet und die Prediger und
Schulmeister vertrieben. Es kam zu Massenkonversionen zum katholischen
Glauben. Die Gründe für den Eintritt in die Bruderschaft waren zu dieser Zeit
entweder aufrichtige Frömmigkeit oder abergläubische Furcht.
Volksfrömmigkeit und Aberglauben waren manchmal nahe beieinander. Es
kam zu sonderbaren Praktiken und zu Auswüchsen: Das soziale Engagement
für Bedürftige nahm immer mehr ab, was zählte, waren nur noch
Äußerlichkeiten (prächtige Gewänder und große Aufwendungen für besondere
Gottesdienste). Die Mitgliedsbeiträge wurden auch nach dem Tod der
Mitglieder von den Angehörigen weiter an die Bruderschaft einbezahlt. Auch
Minderjährige wurden aufgenommen, obwohl in den Statuten das Mindestalter
mit 20 Jahren angegeben war. Sogar posthum wurden noch Mitgliedschaften
eingetragen. Auch Personen, die kurz vor ihrem Tod standen oder aufgrund
eines Verbrechens zum Tod verurteilt waren, wurden aufgenommen, um noch
in den Genuss des Ablasses zu kommen. Das machte eine Reform nötig.
Bereits Maria Theresia setzte erste Reformschritte, um diese Übel abzustellen.
Aber erst unter Joseph II. (1765-1790) konnten sich Reformen durchsetzen.
Durch das Toleranzpatent 1781 wurden auch evangelische und griechisch
orthodoxe Gläubige anerkannt.
Auf Betreiben von Joseph II. kam es zur Gründung vieler kleiner Pfarren. So
wurde auch Furth, das bisher zur Pfarre Mautern gehört hatte, am 15.4.1784
selbstständige Pfarre. Der Further Ortsteil Oberfucha kam mit Tiefenfucha zur
Pfarre Brunnkirchen, die Further Ortsteile Steinaweg und Kleinwien kamen zur
Pfarre Paudorf. Unter Joseph II. wurden viele (vor allem kontemplative)
Klöster aufgelöst.
Am 11.10.1783 wurde die Sebastiani-Bruderschaft vom Kaiser aufgelöst. Das
verbleibende Vermögen wurde der neu gegründeten Pfarre zugeführt, um
damit ihre Errichtung zu finanzieren. Die Auflösung der Bruderschaft hatte
auch Auswirkungen auf die Wirtschaft in Furth: Der Weinverkauf
ging beträchtlich zurück, die Taverne war nicht mehr so stark frequentiert,
viele Handwerker hatten weniger Arbeit.
Die Josephinischen Verordnungen verlangten den Verkauf vieler Bilder und
Statuen, da sie die "wahre Frömmigkeit" beeinträchtigen würden.
Im Laufe der Jahre konnten jedoch ein Vortragekreuz, eine Strahlenmonstranz
und ein Drehtabernakel angeschafft werden. 1799 wurde ein neuer Hochaltar
mit einem Altarblatt, das die Heiligen Wolfgang und Sebastian zeigt,
angeschafft. 1809 wurde der Altar von den Franzosen im Zug der Schlacht am
Wagram zerstört. Auch der Pfarrhof wurde arg verwüstet.
Danach setzten ruhigere Zeiten ein. Die Kirche und der Pfarrhof wurden innen
und außen renoviert, die Orgel wurde mehrmals überholt, Kanzel und
Seitenaltäre mit Bernsteinlack versehen und die Kirchenstühle erneuert.
Im 1. Weltkrieg mussten 2 Glocken und die Orgelpfeifen aus Zinn dem Staat
abgeliefert werden. In dieser Zeit änderte sich auch die Bevölkerungsstruktur:
Zur bäuerlichen Bevölkerung kamen immer mehr Arbeiter dazu - bedingt durch
eine Keramikfabrik, eine Ziegelfabrik und einen Steinbruch, die sich in dieser
Zeit im Ortsgebiet bzw. in der Umgebung angesiedelt hatten. Die Arbeiter
brachten einen antikirchlichen Geist in die Gemeinden und die
Kirchenbesucher wurden weniger.
Im 2. Weltkrieg verstärkte sich diese Tendenz. Prozessionen wurden
eingeschränkt. Firm- und Erstkommunionunterricht fanden in der Kirche bzw.
der Sakristei statt. Die kleine Bronzeglocke wurde eingezogen, das Mauerwerk
der Kirche war ohne Verputz. 1942 wurde der Pfarrhof in das Eigentum der
Stadt Krems überführt.
1945 kam es zu einer schweren Beschädigung des Kirchendaches und der
südseitigen Fenster. Am 9.5.1945 wurde der Pfarrhof für 2 Tage von den
Russen besetzt, die auf ihrem "Kurzbesuch" die Bevölkerung belästigten und
Weinkeller plünderten.
In den Nachkriegsjahren konnte die Kirche wieder saniert und vier Glocken
angekauft werden. Im Jahr 1958 wurde eine Leichenhalle gebaut. Im Zuge
einer neuerlichen Innenrenovierung 1963/64 erfolgten die Restaurierung des
Hochaltarbildes und die Installation einer Bankheizung. Die bisher letzte
Innenrenovierung fand im Jahr 1992 statt, bei der die Seitenaltäre sowie die
Bänke restauriert und der Kirchenraum neu ausgemalt wurde.
Ehemalige Pfarrer der letzten 90 Jahre waren:
P. Wolfgang Gerhold von 1925-1940
P. Friedrich Reithmaier von 1940-1943
Josef Jakob von 1943-1946
Konrad Kornherr von 1946-1956
P. Gerhard Schmidl von 1956- 23.6.1966
Abt Wilhelm Zedinek als Provisor von 1966-1967
P. Benno Mayer von 1967-1983
P. Augustinus Andre von 1983-1991
P. Dr. Alfons Möstl von 1991-1993
P. Johannes Paul Abrahamovicz von 1993-1997
P. Ambros Kapeller von 1997-2003
P. Benno Mayer von 2003-2010
P. Josef Lackstätter von 2010-2021
P. Altmann Wand seit 2021
Insgesamt waren seit der Pfarrgründung 1784 39 Priester als Pfarrer in Furth
tätig.
Die Pfarrkirche Furth aus kunsthistorischer Sicht
Der Außenbau ist ungegliedert. Die Kirche ist mit Sakristei und Schulhaus in
den alten Gebäudekomplex des Göttweiger Meierhofes integriert. Der Turm an
der Südseite zwischen den beiden Straßendurchfahrten trägt eine barocke
Zwiebel, ähnlich den Göttweiger Stiftsecktürmen. Nach der Zerstörung des
Turmes nach einem Blitzschlag wurde er 1719 von Johann Lucas von
Hildebrandt als Gelegenheitsarbeit entworfen. Im Untergeschoß ist noch die
alte Turmanlage (von 1618 von Francisco de Silva) erhalten, darüber entstand
der Neubau. Auf jeder Seite (außer der Westseite) ist eine Turmuhr aufgemalt.
Das Wappen des Abtes von Göttweig, Sebastian Eder, erinnert mit der
Jahreszahl 1670 an die umfassende Umgestaltung des Gotteshauses im
Barockstil.
Es lassen sich verschiedene Bauphasen der Kirche nachweisen. Den Kern
bildet das Presbyterium, vermutlich aus dem 16. Jahrhundert, mit den beiden
darunterliegenden Straßendurchfahren.
Der Chorbau enthält Teile der alten Wolfgangskapelle, die bis in die Mitte des
15. Jahrhunderts zurückgehen und aus der Zeit der Sebastiani-Bruderschaft
stammen. Das frühbarocke Langhaus wurde vermutlich 1591 bzw. 1614 (diese
Jahreszahl zeigt ein Stein über dem Nordportal) angebaut. Baumeister für
diese Bauphase war der bereits erwähnte Franciscus de Sylva.
Die große steinerne Treppenanlage im Inneren wurde 1727 unter Abt Gottfried
Bessel errichtet. Die Sakristei im Osten kam vermutlich im Zusammenhang mit
der Änderung des Hochaltars nach 1800 dazu, Teile der Einrichtung aus der
Barockzeit sind noch vorhanden.
Die beiden Straßendurchfahrten ergeben im Presbyterium eine Staffelung in
zwei Ebenen. Auf der obersten Ebene befindet sich der Hochaltar mit der
dahinter liegenden Sakristei. Den Abschluss bildet die Kommunionbank. Neun
Stufen tiefer stehen der Volksaltar und die seitlich zwischen den Pfeilern
eingepassten Chorstühle. Neun weitere Stufen führen ins Langhaus. Zum
Kirchenraum gibt es zwei Zugänge, einen im Westportal, einen im Nordportal.
Das Südportal wurde nachträglich zugemauert.
Zwischen der Aufgangstreppe und dem rechten Seitenaltar steht der
Taufstein. Das Presbyterium erhält durch den Hochaltar als Abschlusswand
den Charakter einer Bühne. Es nimmt nahezu die Hälfte der gesamten
Raumlänge ein.
Im Jahr 1805 wurden die gotischen Gewölberippen abgeschlagen, die
Ausmalung ging verloren, erhalten blieb lediglich im Zentrum des Gewölbes
das Fresko mit der Heiligen Dreifaltigkeit. Die im Jahr 1950 aufgebrachten
Bilder der abendländischen Kirchenväter wurden bei der Renovierung im Jahr
1992 wieder entfernt. Die Innenausstattung ist stilistisch uneinheitlich.
Dominierend sind Stücke aus der Zeit um 1800.
Der Hochaltar ist zweiteilig: vorne die Mensa mit dem Tabernakelaufbau und
der Predellenzone, dahinter eigenständig an der Wand hochgehend die
Retabelwand in Spitzbogenarchitektur als Rahmen für das Hochaltarbild (1799
von Franz Staudinger errichtet). Die beiden Tabernakelbilder aus dieser Zeit
stammen von Andreas Rudroff. Das Altarbild, das die Heiligen Wolfgang und
Sebastian unter der Trinität zeigt, stammt von Leopold Mitterhofer (1799).
Die beiden Seitenaltäre lassen sich in die Zeit um 1800 datieren. Sie weisen
eine stillose Form auf. Der obere Abschluss stammt aus dem Neubarock, der
rückwärtige Aufbau enthält noch ältere Teile. Das Dekor, das aus einem
größeren Verband stammen dürfte, wurde in Zweitverwendung neu adaptiert.
Die Akanthusranken erinnern an den Knorpelstil (ca. 1680).
Die Kanzel an der Nordwand der Kirche wurde 1729 errichtet, 1820
vereinfacht und mit Ölbildern verziert. Sie ist eine einfachere Ausführung der
Göttweiger Stiftskanzel.
Über dem Beichtstuhl befindet sich eine Skulptur des Hl. Sebastian am Baum
(um 1635), die vermutlich aus dem Kreis des Matthias Schwanthaler stammt.
Der 14-szenige Kreuzweg in Öl auf Leinwand (vor 1820) ist Leopold
Mitterhofer zuzuschreiben.
Die Orgelempore ruht auf zwei ungleichen Säulen (eine steinerne und eine
gemauerte) - ca. 1620 entstanden. Die derzeitige Orgel stammt aus dem Jahr
1971 und wurde von Gregor Hradetzky aus Krems erbaut. Sie verfügt über 2
Manuale und 17 Register. Sie ersetzte die alte Orgel aus dem Jahr 1875.
Die Innenausstattung im klassizistischen Stil mit Resten aus dem Frühbarock
steht in engem Zusammenhang mit der Göttweiger Stiftskirche.
Pfarrhof
Das Gebäude, das heute als Pfarrhof zur Verfügung steht, ist bereits im 15.
Jahrhundert nachweisbar.
Es diente als Lesehof für das Stift Göttweig, wurde aber zwischendurch an
Privatpersonen verkauft, vererbt und schließlich durch ein Vorkaufsrecht des
Stiftes unter Abt Gottfried Bessel 1737 wieder zurückgekauft.
Es wurde Anfang des 18. Jahrhunderts bis auf die Grundmauern abgerissen
und durch Franz Anton Pilgram (1699-1761) wieder aufgebaut. Im 1. und 2.
Stock sind noch wertvolle Stuckarbeiten aus dieser Zeit erhalten: letzte
Renovierung 1990. Der Pfarrsaal liegt im 1. Stock. Seit Oktober 2012 gibt es
einen barrierefreien Zugang.
Der Garten weist eine symmetrische Form auf und war auch mit einem
Lusthaus in elliptischer Form ausgestattet. Das zugehörige Grundstück samt
Lusthaus ist heute in Privatbesitz der Familie Löffler.
Quelle: Further Heimatbuch, 1985